2010 – Zeitschrift Freundin – Befristung im Arbeitsverhältnis

Thema: „Endlich ein neuer Job! Aber leider nur auf Zeit…“

Aus einem Beitrag der Zeitschrift „Freundin“ Heft 24/2010 von Dr. Dietmar Olsen – Fachanwalt für Arbeitsrecht in München:

1. Habe ich das gleiche Recht auf Lohnerhöhungen und Zusatzleistungen wie andere Mitarbeiter?

Die Kollegen freuen sich über Weihnachtsgeld? Freuen Sie sich mit! Denn Sie haben wie Festangestellte Ansprüche auf Zusatzzahlungen, allgemeine Lohnerhöhungen und Urlaub. Ausnahme: „Von der betrieblichen Altersvorsorge profitieren befristete Mitarbeiter meist nicht“, so Dr. Dietmar Olsen, Fachanwalt für Arbeitsrecht (www.kanzlei-olsen.de).“ Kündigungsschutz besteht generell nach sechs Monaten Betriebszugehörigkeit. Wegen der Befristung ist der Schutz jedoch relativ. Tipp: Ob es um Fortbildungskurse oder Bonuszahlungen geht – nehmen Sie es nicht einfach hin, wenn Sie von solchen Extras ausgeschlossen werden. Besser: Selbstbewusst auftreten und sich, sofern vorhanden, an den Betriebsrat wenden, wenn Sie das Gefühl haben, unfair behandelt zu werden.

2. Meine Kollegen nehmen mich nicht ernst. Wie gewinne ich ihren Respekt?

Vor allem in eingespielten Teams fühlen sich befristet Angestellte häufig als Außenseiter. Dabei ist es gerade die erfolgreiche Zusammenarbeit mit den Kollegen, die später den Ausschlag für eine Übernahme geben kann. Tipp: „Gewinnen Sie das Team für sich, indem Sie Engagement zeigen, ohne überehrgeizig zu wirken. Schnappen Sie der Kollegin ein Projekt weg, um sich zu profilieren, kann Sie das Sympathiepunkte kosten“, sagt Jobcoach Jürgen Hesse (berufsstrategie.de). Übernehmen Sie anfangs unbeliebte Aufgaben und suchen Sie nach Gemeinsamkeiten mit den Kollegen. Doch Vorsicht: Zusammen über den Chef lästern kann mehr schaden als nutzen!

3. Wie überzeuge ich den Chef in so kurzer Zeit von meinem Potenzial?

Ist der Arbeitgeber von Ihrer Leistung überzeugt und findet Sie sympathisch, wird ihm die Entscheidung, Sie dauerhaft zu übernehmen, wesentlich leichter fallen. Um das zu erreichen, sollten Sie sich selbst als Unternehmen und Ihren Chef als wichtigsten Kunden begreifen. Je besser Sie auf seine Wünsche eingehen, desto höher liegen Sie im Kurs.
Tipp: Tippfehler oder Jeans im Büro bringen den Vorgesetzten zur Weißglut? Er möchte in jeden Arbeitsschritt involviert sein oder ist nur am Endergebnis interessiert? „Studieren Sie Ihren Chef und setzen Sie um, was ihm wichtig ist – auch wenn es sich um Kleinigkeiten handelt“, rät Hesse.

4. Mein Zweijahresvertrag soll um ein Jahr verlängert werden. Geht das ü?berhaupt?

Damit Mitarbeiter nicht nur von Jahr zu Jahr, sondern langfristig planen können, erlaubt der Gesetzgeber Befristungen nur unter bestimmten Voraussetzungen. Um Ihr befristetes Arbeitsverhältnis zu verlängern, muss das Unternehmen deshalb einen konkreten Grund angeben. Etwa, dass ein Angestellter vertreten werden muss, nur vorübergehend Bedarf an Arbeitskräften besteht oder die Stelle projektbezogen ist.

Tipp: Haben Sie Zweifel an der Befristung? Lassen Sie Ihren Vertrag prüfen. Gewerkschaften übernehmen das für Mitglieder oft kostenfrei. „Bestätigt sich Ihre Vermutung, können Sie bis drei Wochen nach Ablauf der Frist beim örtlichen Arbeitsgericht Klage erheben“, rät Dr. Olsen. „Ist die Befristung nicht rechtens, gilt der Vertrag automatisch als unbefristet.“

 

5. Wann ist der geeignete Zeitpunkt, um eine mögliche Übernahme anzusprechen?

Wer sich in der Boutique nur umsehen möchte, fühlt sich unter Druck gesetzt, wenn die Verkäuferin sofort mit dem Maßband anrückt. Ähnlich geht es Ihrem Chef, wenn Sie ihn nach wenigen Wochen im Job nach einer unbefristeten Stelle fragen. Fühlt er sich von Ihnen in die Ecke gedrängt, könnte Sie das wichtige Sympathiepunkte kosten. können, und fragen Sie erst nach etwa der Hälfte der Vertragslaufzeit an, ob eine Übernahme prinzipiell möglich ist. Bei einem Jahresvertrag können Sie nach etwa neun Monaten ruhig etwas deutlicher nachhaken“, rät der Jobcoach. Wichtig: Je abhängiger Sie wirken, desto mehr Macht gewinnt Ihr Chef, und Sie verlieren jegliche Verhandlungsgrundlage.

6. Was passiert, wenn ich während einer befristeten Anstellung schwanger werde?

Wer nicht weiß, wie es mit der Karriere weitergeht, wird mit der Familienplanung vermutlich noch warten wollen. Werden Sie in dieser Zeit dennoch schwanger, geraten Sie nicht in Panik. Denn auch bei einer Befristung genießen Sie als Schwangere einen besonderen Kündigungsschutz.

Tipp: Um davon zu profitieren, sollten Sie die Schwangerschaft frühzeitig Ihrem Arbeitgeber melden. „Der Schutz vor einer Kündigung endet zwar bei Ablauf der Frist, doch auch danach sind Sie abgesichert“, erklärt Dr. Olsen. „Läuft der Vertrag während der Schwangerschaft aus, erhalten Sie unter gewissen Voraussetzungen Arbeitslosengeld, solange Sie sich im Mutterschutz befinden.“

7. Wodurch kann ich meine Chancen auf eine unbefristete Stelle erhöhen?

In den vergangenen Jahren wurde rund die Hälfte aller befristeten Mitarbeiter fest übernommen. Sie erhöhen Ihre Aussichten, indem Sie sich unentbehrlich machen. Zum Beispiel dadurch, dass Sie zur Expertin in einer komplizierten Materie werden, mit der sich die anderen Teammitglieder bislang nicht so recht befassen wollten.
Tipp: Bleiben Sie bis zum Schluss am Ball! „Legen Sie die Füße schon einen Monat vor Fristende hoch, kann sich das negativ auf Ihr Zeugnis auswirken. Außerdem können sich Vorgesetzte auch in der letzten Woche noch für oder gegen Sie entscheiden“, sagt Jürgen Hesse.

8. Was mache ich, wenn der Vertrag ohne eine Verlängerung ausläuft?

Auch wenn Sie alles richtig gemacht haben, kann es sein, dass es trotzdem nichts wird mit der Übernahme, etwa weil die Auftragslage schwierig bleibt. Kümmern Sie sich deshalb frühzeitig um Alternativen und melden Sie sich drei Monate vor Ablauf der Frist beim Arbeitsamt.
Tipp: Bleiben Sie in Kontakt! Ehemalige Kollegen – auch solche, die wie Sie das Unternehmen verlassen haben – können Ihnen eine wichtige Hilfe bei der Jobsuche sein. Informieren Sie sich zudem regelmäßig, ob Ihr früherer Arbeitgeber Stellen ausschreibt. Haben Sie dort in der Vergangenheit überzeugt, zieht man Sie bestimmt gern für den Job in Betracht. „Sehen Sie die geleistete Arbeit außerdem nie als vergeudete Mühe, sondern als Gewinn für Ihren Lebenslauf“, empfiehlt Jürgen Hesse. „So sammeln Sie Belege für Ihre Erfolge und punkten Sie damit bei Ihrem nächsten Arbeitgeber.“

 

Johanna Zimmermann

 

Quelle: Zeitschrift Freundin, Heft 24/2010

Dr. Dietmar Olsen. Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kanzlei Dr. Olsen

Dr. Dietmar Olsen
Fachanwalt Für Arbeitsrecht

Sonnenstraße 32, 80331 München